Simon Koiner & Anita Schmid

Herzgeschichte 28: Im Trachtenfieber 

Für den Geschäftsführer der Volkskultur Steiermark und die Leiterin des Heimatwerks dreht sich nicht nur vor dem Aufsteirern alles rund um die steirische Tracht. Wir durften die beiden an ihrem Arbeitsplatz besuchen und einen Blick hinter die Kulissen der Trachtenschneiderei werfen. 

Wenn das Aufsteirern - das größte Brauchtumsfest Österreichs - vor der Türe steht, dann geht es rund in der Grazer Innenstadt. Das merkt man auch im Heimatwerk in der Sporgasse: Hier befindet sich nämlich die erste Anlaufstelle für Dirndl, Lederhose und Co..

Mitten drin: Simon Koiner und Anita Schmid. Die beiden haben gerade jede Menge zu tun, als wir sie an ihrem Arbeitsplatz besuchen. Denn im Heimatwerk wird von der Stoffauswahl über das Maßnehmen bis hin zur Anfertigung von traditionellen Trachten noch alles per Hand gemacht. Die Materialien dazu - Loden, Seiden, Knöpfe und vieles mehr - kommen aus sämtlichen steirischen Regionen und werden mit großem handwerklichen Geschick in der hauseigenen Schneiderei verarbeitet. "Wir haben hier in der Steiermark 315 verschiedene Frauentrachten und rund 100 Männertrachten, die alle über einen eigenen Schnitt oder besondere Details verfügen", erzählt Simon Koiner. Dazu kommt noch eine enorme Auswahl an Auszier (Stickereien bzw. dekorative Elemente, die das Dirndl schmücken) und passenden Accessoires.

Von der Stoffauswahl zum fertigen Dirndl 

Um ein Dirndl zu schneidern und das Handwerk zu beherrschen, braucht es großes Fachwissen und jahrelange Erfahrung. Aktuell sind im Heimatwerk acht Schneiderinnen beschäftigt. Von ihnen erfahren wir, dass zwischen drei Arten von Dirndln unterschieden wird: Der Alltagstracht, die meist aus Leine oder Baumwolle gefertigt wird, der etwas aufwendigeren Sonntagstracht und der Festtagstracht für besondere Anlässe. 

Traditionelle Farben gibt es übrigens nicht: "Das Besondere an den steirischen Dirndln ist ihr hoher Farb- und Musterkontrast", weiß Anita Schmid. In der Vergangenheit verwendete man nämlich häufig Materialien, die man im Alltag zur Verfügung hatte. Das konnte durchaus auch ein Bettzeug sein. In der heurigen Saison sind übrigens Beeren- und Herbsttöne stark im Trend. Bei der traditionellen Tracht sind außerdem Beige- und Grüntöne gefragt. Generell gilt: Erlaubt ist was gefällt. Das gilt übrigens auch für die Position der Schleife: Traditionell wird die Schürze in der Steiermark nämlich hinten gebunden. "Das mit dem recht- und linkstragen ist eher ein neuerer Brauch", weiß die Trachtenexpertin. 

Doch wie entsehen die Dirndl denn nun eigentlich?  

Zwischen Trend und Tradition 

Spätestens jetzt ist klar, wie viel Handarbeit in jedem einzelnen Kleid steckt. "Für eine Alltagstracht braucht eine geübte Schneiderin zwischen 12 und 18 Stunden. Alle Kittel und Schürzen werden bei uns noch von Hand gezogen und bestickt. Je nach Material und Aufwand steigt dann aber natürlich auch die Zeit, die dafür benötigt wird", verrät Anita Schmid. Neben dem Fertigen von Dirndln geht es den beiden Trachtenexperten mit ihrer Arbeit aber auch noch um etwas ganz anderes: dem Weitergeben von seltenen Handwerkstechniken und Wissen an zukünftige Generationen. "Ohne unsere Arbeit würde vieles davon wahrscheinlich über die Jahre verloren gehen", so Koiner. Daher setzt man viel daran, die Menschen auch wieder für die traditionelle steirische Kleidung zu begeistern. 

Vorfreude auf das Aufsteirern

Bleibt noch die Frage, was die beiden Trachtenprofis selbst beim Aufsteirern tragen werden? "Ganz entschieden habe ich mich noch nicht", schmunzelt Schmid. Auswahl hätte sie zumindest genug: In ihrem Kleiderschrank hängen rund 20 selbstgenähte Dirndl. Simon Koiner hat es da schon leichter: "Ich besitze zwei Lederhosen und zwei Anzüge, die werden dann mit unterschiedlichen Jacken oder Westen kombiniert. Je nach Wetter." 

Wer nun selbst einen Blick auf die steirischen Trachten werfen will, hat am Aufsteirern-Wochenende die Gelegenheit dazu. Am Samstag und Sonntag präsentiert das Heimatwerk die Trachtenmeile in der Grazer Schmiedgasse. Hier kann man sich beraten lassen, einer Handwerkerin beim Klöppeln zusehen und auch Trachten oder Kunsthandwerk erstehen. Das sollte man sich nicht entgehen lassen.