Nadja Bernhard | © STG | Robert Sommerauer Nadja Bernhard | © STG | Robert Sommerauer
💚-Botschafter

Nadja Bernhard

Nadja Bernhard ist in allen österreichischen Wohnzimmern daheim, das „Gesicht Österreichs“ wenn man so will. Die Star-Moderatorin und Herzbotschafterin des ORF im Gespräch über Karriere, ihr „Heimkommen“, steirische Kulinarik und Kraftorte, die man nicht versäumen sollte. Und die Menschen, die sie gerne noch einmal vor dem Mikrofon hätte.

Wie ist das denn, wenn man das Gesicht Österreichs ist. Kann man da überhaupt noch privat sein?

Man muss wahrscheinlich das Privatsein ein bisserl konkreter abstecken, also sich dessen bewusst sein, das ist jetzt mein Privat-Umfeld. Denn sonst ist es natürlich ein fließender Übergang, wenn man einkaufen geht oder irgendwie den Alltag bestreitet. Die Begegnungen sind ja durchwegs positiv, wenn die Leute einen ansprechen. Es ist schlussendlich auch eine Bestätigung unserer Arbeit. Also ich empfinde es wirklich auch als Privileg, dass die Leute sich mit uns identifizieren, wenn sie glauben, wir sind bis zu einem gewissen Teil ein Inventar des Wohnzimmers, weil wir fast jeden Abend dort präsent sind.

Kann die Popularität auch zur Last werden?

Vielleicht wird sie nachher zur Last, wenn sie nicht mehr da ist. Man muss sich dessen bewusst sein, dass es eine geborgte Popularität ist. In dem Moment, wo du nicht mehr am Schirm bist, bist du weg – in der Sekunde. Und da gibt es viele, die gut damit umgehen, aber auch viele, die nicht gut damit umgehen. Es ist eine Popularität, die man genießen darf und wofür man dankbar sein muss.

Sind Sie beruflich also derzeit „on the top“?

Ich bin vielleicht „on the top“ was das Moderieren im Informationsbereich betrifft, da gibt es wirklich nur die ZIB 1 und die ZIB 2 – allein von den Einschaltquoten her. Also die ZIB 1 ist schon gigantisch – ich darf ja ein bisserl Werbung machen für unsere Sendung (lacht). Wir haben im Schnitt 1,2 bis 1,4 Millionen Zuseherinnen und Zuseher, das ist für ein kleines Land wirklich viel.

Welcher Moment war eigentlich der prägendste in Ihrer Karriere?

Es waren sicher die Auslandseinsätze. Ich denke da oft noch an Haiti beim Erdbeben. Ich war damals eine relativ junge Reporterin. Es gab kein Internet, es gab keine Agenturmeldungen, es war die Redaktion, die gesagt hat „Nadja, wir hätten jetzt gerne einen Beitrag für die ZIB 1 oder ein Ö3-Shorty zu diesem Thema“. Ich war dort allein. Und es war deshalb so prägend, weil es so eine ursprüngliche Form des Journalismus war. Ich konnte nur berichten, was ich selber höre und sehe, was ich selber erfahren habe. Und das ist eine Form der Berichterstattung, die man so heutzutage gar nicht mehr machen könnte, weil die sozialen Medien omnipräsent sind. Es hat mich sowohl journalistisch als auch menschlich geprägt.

Wie geht es einem dabei, wenn man so tragische Ereignisse in die Wohnzimmer bringen muss?

Haiti war einschneidend. Ich kann mich auch sehr gut an Berichte über Lampedusa erinnern, da ertrinken 450 Leute und ich habe das einfach als Meldungsblock vorlesen müssen. Wenn du die Bilder im Kopf hast, ich mein, es ist so furchtbar, was tagtäglich passiert. Diese Geschichten haben mich immer emotional berührt und mitgenommen. Aber seit dem Ukrainekonflikt ist das irgendwie eine Zäsur, weil da ist dieser Krieg, das ist so nah. Im Zusammenhang mit Corona sind jetzt diese Krisen sehr intensiv geworden. Und es ist wahrscheinlich zu viel Information auch. Wir bekommen z. B. beim Ukraine-Krieg auch über die sozialen Medien so viele Infos, wo man tagtäglich abschätzen muss, welches Video ist wahr, können wir das überhaupt verifizieren. Wir haben Gott sei Dank den Christian Wehrschütz vor Ort, aber der ist auch nicht jeden Tag im Einsatz für uns. Also es ist wirklich viel Information und es wird eine große Herausforderung für uns Journalisten aber auch für uns als Gesellschaft, wie wir damit umgehen.

Nadja Bernhard | © STG | Robert Sommerauer
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„Die Südsteiermark zieht mich an wie ein Magnet“

Wen hätten Sie noch gerne einmal vor der Kamera?

Wenn ich mir was wünschen darf. Ich würde wahnsinnig gerne ein Gespräch führen abseits der Kamera. Ich hatte da die wunderbare Begegnung mit dem ehemaligen deutschen Wirtschaftsminister Peter Altmaier im Rahmen eines Kongresses. Wir sind am Abend gemütlich zusammen gesessen und er ist so wie ich auch der Kulinarik nicht abgeneigt. Also er isst gern und trinkt gern sein gutes Glaserl Wein. Es war so ein Mehrwert für mich, mit ihm so zu reden, wo die Rollen nicht klar verteilt sind. Im Interviewstudio sind die Rollen ja klar verteilt. So eine Begegnung würde ich mir auch mit Barack Obama wünschen. Der hat mich journalistisch so geprägt, es waren wahrscheinlich von der Information her die intensivsten Jahre in Washington, wie er Präsident wurde. Meine Generation hat ja große Hoffnungen in Obama gesetzt, wir haben gedacht, das wird weltpolitisch so eine Zäsur. Die Bilanz fällt halt schon mau aus. Ich würde wirklich gerne von ihm erfahren, ob er manchmal am Abend, wenn er allein zu Hause sitzt, sich überlegt, was das für vertane Chancen waren. Ich weiß, wie das alles funktioniert und dass die Republikaner ihm keine Chance gegeben haben. Aber dass die Bilanz so mau ausfällt, das muss schon an ihm nagen.

Auch Journalisten sind nicht gefeit vor Hoppalas. Können Sie sich an eines erinnern?

Da gibt es so viele. Bei aller Seriosität ist es auch wichtig, dass man sich seinen Humor behält. Ich weiß aus Erfahrung, dass die Hoppalas beim Publikum immer gut ankommen. Sie merken, da sind Menschen dahinter. Und vor allem wenn sie sehen, dass man auch über sich selber lachen kann. Das nimmt dann ein bisserl die Schwere, welche die Nachrichten per se schon haben, heraus. Ich erinnere mich noch, dass die Visagistin extra noch geschaut hat, dass ich ja nicht glänze. Das war dann noch im Bild, dieses Hoppala hat sogar in den Zeitungen danach noch Niederschlag gefunden.

Die Steiermark kann man zwar verlassen, aber die Steirerin bekommt man nicht wirklich aus einem heraus, oder?

Ich habe es immer versucht, die Steirerin rauszubringen, aber je älter ich werde, umso stärker kommt sie durch. Der Heimatbegriff wird für uns alle, je älter man wird, immer wichtiger. Für mich war das früher immer so etwas Negatives, etwas Begrenzendes – damit wollte ich überhaupt nichts zu tun haben. Das war bei mir wahrscheinlich noch viel stärker ausgeprägt, da ich ja in Kanada geboren bin und erst relativ spät - so mit sieben, acht Jahren – hergekommen bin. Da habe ich mir als Kind schon schwer getan mit der Südsteiermark. Ich wollte immer nur weg. Jetzt merke ich, dass sie mich fast wie ein Magnet anzieht. Es hat natürlich auch damit zu tun, dass es so eine Art Heimkommen ist.

Was wäre eigentlich aus Ihnen geworden, wenn Sie auf dem Weg zum Journalismus anders abgebogen wären?

So wie jedes Mädchen, das Tiere liebt, wollte ich Tierärztin werden. Begonnen habe ich eigentlich in Hetzendorf (Modeschule in Wien), da ich mich wahnsinnig für Mode interessiert habe. Ich habe aber dann sehr schnell bemerkt, dass ich nicht selber schneidern sondern über Mode und Kultur schreiben wollte. Und so begann mein Publizistikstudium, kombiniert mit Erasmus in Rom. Damals hat der ORF sein Italien-Büro von Bozen nach Rom verlegt und so bin ich in den politischen Journalismus reingerutscht. Also es hätte auch ganz anders ausgehen können. Aber ich bin nicht undankbar.

Ist die Steiermark generell am richtigen Weg? Wie ist Ihr Blick aufs Land?

Ich merke natürlich, dass die Entwicklung etwa hier in der Südsteiermark in den letzten zehn, fünfzehn Jahren eine wahnsinnige Dynamik angenommen hat. Es war ja wirklich verschlafen hier, als ich noch eine Jugendliche war. Da hat es uns eher nach Graz gezogen. Ich freue mich wahnsinnig darüber, dass viele Freunde von mir jetzt Weinbauern von internationalem Standing sind. Gleichzeitig sehe ich, dass sehr viel von außen investiert wird. Ich finde, dass die Südsteiermark ein bisschen aufpassen muss, dass - wenn es primär Investoren sind, die wenig bis keinen Bezug zur Region haben - Beliebigkeit Einzug hält. Dann verliert die Region das, wofür sie steht. Weil die Südsteiermark ist sowas Ehrliches und Authentisches, sie hat in dieser Ehrlichkeit auch fast etwas Grobes trotz der lieblichen Landschaft. Ein Südsteirer, der sagt dir ehrlich ins Gesicht, was er sich denkt. Man muss die Südsteiermark weiter entwickeln, aber sie muss sich nicht neu erfinden.

Nadja Bernhard | © STG | Robert Sommerauer

Das heißt, die Südsteiermark darf nicht Kitzbühel oder der Wörthersee werden?

Diese Gefahr sehe ich. Ohne despektierlich klingen zu wollen. Der Wörthersee ist fantastisch, aber das sind ganz andere Menschen und er hat eine ganz andere Geschichte. Und auch Kitzbühel. Die Südsteiermark ist bis vor fünfzehn, zwanzig Jahren brach gelegen. Ich finde, es ist in unserer schnelllebigen Zeit ein Gut, dass wir hier so etwas Authentisches haben. Das sich nicht saisonal immer wieder neu erfinden muss. Eine Brettljause ist etwas Einfaches, und so muss es auch bleiben. Die Brettljause muss man nicht neu erfinden oder weiterentwickeln. Die ist was sie ist, und so ist die Südsteiermark.

Gibt es in der Steiermark einen Lieblingsplatz?

Mein Lieblingsplatz ist der Garten zu Hause, wo ich einen wunderschönen Blick über die Südsteiermark bis nach Slowenien habe. So wie man es sich vorstellt, über die Weinberge zu blicken. Am Nachbarsgrund steht ein Klapotetz. Und wenn der auch noch losgeht, dann hat das fast etwas Meditatives. Das ist echt ein Kraftort, also schöner geht es nicht.

Wie würden Sie einem Blinden die Südsteiermark erklären?

Das ist eine schwierige Frage. Was natürlich die Südsteiermark auszeichnet sind diese Hügel, die fast ineinander übergehen und diese Lieblichkeit formen. Und was ich so als Kontrast immer interessant finde, sind diese fast mit dem Lineal gezeichneten Weingärten. Das ergibt diese einzigartige Musterung der Südsteiermark. Und natürlich das Grüne Herz. Das Grün ist von einer einzigartigen Intensivität und Lebendigkeit.

Was sind ihre fünf steirischen Highlights, wo Sie Ihre Freunde hinschicken würden?

Auch hier bin ich wieder sehr Südsteiermark-lastig, aber da kenne ich mich einfach aus. Freunden aus Kanada zeige ich regelmäßig die südsteirische Weinstraße. Dort open-end, die Kulisse genießen, kombiniert mit der Kulinarik. Da gibt es von Frühjahr bis Herbst nichts Besseres. Das Mausoleum in Ehrenhausen, das wissen die wenigsten, ist eines der bedeutendsten manieristischen Bauwerke Österreichs. Ein Klassiker ist natürlich das Stift Admont mit seiner einzigartigen Bibliothek. Ein Kontrast zur Südsteiermark, weil es so mystisch und ernst ist, wäre Altaussee. Dort mit einem Schiff zu fahren ist etwas Fantastisches. Und Mariazell, ein spannender Kraftort. Das zeigt, wie vielschichtig die Steiermark ist. Von der Leichtigkeit der lieblichen Südsteiermark bis hin zum Kraftort.

Nadja Bernhard | © STG | Robert Sommerauer
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Wordrap

Alles halb so schlimm.

Gesundheit.

Eine Leichtigkeit.

Chaos, Chaos, Chaos.

Meine Mutter.

Disziplin würde nicht schaden.

Francis Bacon

Soul

Italienisch muss ich gestehen. Leider.

Buschenschank Bernhard, nicht mit mir verwandt. Eines der letzten Fleckerl abseits der Touristenpfade, wo man wirklich noch die Südsteiermark sehr ursprünglich erleben kann.

Herzlichkeit.

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