Friedrich Santner | © STG | Harry Schiffer Friedrich Santner | © STG | Harry Schiffer
💚-Botschafter

Friedrich Santner

Knapp 4.000 Menschen beschäftigt Anton Paar in Graz und in 100 Ländern am Globus. Friedrich Santner, der visionäre Chef des Weltmarktführers in Sachen Messtechnik, über das Mirakel seiner Profession, wieso es Messtechnik für Ketchup braucht und warum er stolzer Beutesteirer ist.

Und dass Bildung als Multiplikator die Steiermark weiterbringen wird und vor allem welche Freude der Herzbotschafter empfindet, aus der Welt „heim“ zu kommen. 

Herr Dr. Santner, Sie machen Messtechnik, das ist so ein abstrakter Begriff, unter dem man sich schwer etwas vorstellen kann. Mögen Sie uns kurz beschreiben, was Sie machen und vor allem auf welche Bereiche des täglichen Lebens sich die Anton-Paar-Produkte auswirken?

Wir machen Messgeräte für alle Produkte, denen Sie täglich begegnen – das fängt an beim Zähneputzen. Da stellen wir sicher, dass die Zahnpaste aus der Tube kommt, aber nicht von der Zahnbürste runterrinnt. Wir sorgen dafür, dass das Ketchup, das Sie zu Mittag verwenden, sauber aus der Tube fließt. Es geht hin bis zum Kaugefühl von Gummibärlis und dem Verhalten von Haarshampoo. Bei fast jedem Getränk, das Sie konsumieren, haben wir sichergestellt, wieviel Prozent davon z. B. Zucker, Stammwürze, Farbe oder Alkohol enthält. Sie begegnen uns täglich.

Vor 100 Jahren gegründet, sind Sie heute globaler Marktführer in Ihrer Branche, beschäftigen rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was braucht es für solchen Erfolg?

Das allerallerwichtigste sind gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der beste Plan hilfts nichts, wenn man nicht die geeigneten Leute dafür hat. Was das internationale Geschäft betrifft, gibt es eigentlich nur ein Rezept – man muss hinaus. Man hat die Welt noch nie vom Schreibtisch aus erobert, man muss in die Regionen gehen, in andere Länder, dort etwas aufbauen. Es ist ein großer Vorteil für uns, dass wir weltweit tätig sind, weil das Risiko dadurch sehr gut gestreut wird.

In wie vielen Ländern ist Anton Paar präsent?

Wir sind in über 100 Ländern der Welt präsent, also defacto überall, wo es Menschen gibt, gibt es auch Anton Paar.

Wie hoch ist die Forschungs- und Entwicklungsquote in Ihrem Unternehmen?

Wir haben hier am Standort über Jahrzehnte ungefähr 20 Prozent unseres Umsatzes in Forschung und Entwicklung investiert. Aufgrund des großen Wachstums ist der Umsatz stärker gestiegen als die Forschungsquote in Prozent. Aber es sind immer noch 15 bis 16 Prozent im Jahr, die wir investieren.

Dürfen wir ein bisserl persönlich werden? Sie sind in Oberösterreich geboren, wann und wie sind Sie in die Steiermark gekommen?

Ich bin ein geborener Gmundner und in einem SOS-Kinderdorf aufgewachsen. Zuerst in Kärnten in Moosburg und mit acht Jahren bin ich in die Steiermark gekommen. Und seither bin ich ein stolzer Beutesteirer.

Friedrich Santner | © STG | Harry Schiffer
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„Das Grüne Herz ist Zuhause und Heimat“

Sie haben in Psychologie und Pädagogik promoviert, wie passt dieses Studium in die Job-Description eines Spitzenmanagers?

Meine Lebensplanung war völlig anders, ich wollte eigentlich Kinderpsychotherapeut werden. Ich war mit meiner Ausbildung beinahe fertig und bin dann aus familiären Gründen in dieses Unternehmen gekommen. Dann bin ich noch einmal zurück auf die Universität, wo ich einige Ausbildungen gemacht habe, die ich hier in der Arbeit brauchen kann. Aber auch mein Studium kann ich eigentlich täglich gut gebrauchen.

Mit 65 ist Schluss, für das Management gibts eine Altersobergrenze. Auch mit dem Argument, sicherzustellen, dass Sie selbst nicht den Zeitpunkt verpassen, ein paar Schritte zurückzutreten. Können Sie mit dieser Selbstfesselung gut leben? Sie schauen ja aus wie das blühende Leben…

Zuerst einmal Danke für das Kompliment. Ich habe diese Altersgrenze selbst eingeführt, weil ich denke, es ist wichtig, dass man diese Diskussion dann nicht führen muss. Oft ist man ja auch nicht mehr in der Lage, sie zu führen. Das heißt bei uns im Haus ist das so geregelt, dass in operativen Managementfunktionen, also als Geschäftsführer, mit 65 die letzte Bestellung möglich ist. In den nichtoperativen Managementfunktionen, also Stiftungsvorstand, Aufsichtsrat, dann mit 70 Jahren. Und damit ist festgelegt, wie das abläuft und das ist, denke ich, auch eine Erleichterung für die nächste Generation.

Und Sie haben auch genug anderes zu tun. Aufsichtsratsfunktionen unter Anderem in der Styria Medien AG, bei der Steiermärkischen Sparkasse, der Erste Group oder beim Katholischen Medienverein. Wie bringt man das alles unter einen Hut?

Schlecht. Ich sage Ihnen ganz offen, hin und wieder ist es zu viel. Auf der anderen Seite sind es lauter Aufgaben, die hochinteressant und spannend sind. Es sind Dinge, die mich interessieren. Und bei Dingen, die man gerne macht, tut man sich dann auch leichter. Aber ich habe im Haus den Luxus, dass die nächste Generation schon da ist, mich sehr aktiv entlastet und immer mehr Aufgaben übernimmt. Und für die nicht in allzu weiter Ferne winkende Pension ist es ja gut, einige dieser Tätigkeiten zu haben, damit man geistig und körperlich nicht ganz verrostet.

Das heißt, man lernt auch in diesen Funktionen dazu, man bekommt einen Blick auf andere Sparten und Unternehmungen?

Eine wichtige Erfahrung meines Lebens ist – alles, was man tut und alles, was man lernt, ist hilfreich. Ich habe als Jugendlicher das Schulgebäude ausgemalt, auch das war wichtig für die weitere Entwicklung.

Wie sieht die Zukunft von Anton Paar aus? Welche Pläne gibt es und wo sehen Sie sich selbst in  sagen wir einmal  fünf Jahren? 

Also ich persönlich werde mich in fünf Jahren aus der Geschäftsführung der Firma Anton Paar zurückgezogen haben. Ich werde dann im Aufsichtsrat und in der Holding tätig sein. Die Zukunft von Anton Paar wird weiterhin darin bestehen, dass wir uns mit der Entwicklung und Produktion von wissenschaftlichen Messgeräten beschäftigen. Wir versuchen, messtechnisch Probleme zu lösen, die noch niemand gelöst hat. Das interessiert uns, das freut uns und das ist auch im Wesentlichen das, was uns antreibt. Die Neugier und die Lust an der permanenten Innovation ist wichtiger als die Frage, ob wir wachsen oder kleiner werden. Das Wichtigste ist, dass wir Dinge tun, die wir gerne machen.

Friedrich Santner | © STG | Harry Schiffer
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Zum 100-Jahr-Jubiläum haben Sie Mitarbeiter und Kunden aus der ganzen Welt für ein Wochenende eingeladen. Wie waren die Reaktionen, wie sahen Gäste, die zum ersten Mal da waren, die Heimat Ihres Unternehmens?

Ich habe von einem renommierten Trachtenmodengeschäft in der Grazer Innenstadt gehört, dass sie innerhalb von drei Tagen den Umsatz von mehreren Monaten gemacht haben. Wir haben aus der ganzen Welt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier gehabt. Und ich kann nur bestätigen, dass eines der größten Assets von Anton Paar der Standort hier ist. Die Leute kommen gerne zu uns, sie lieben die Gegend hier, sie lieben das Essen, sie lieben die Menschen. Und das ist ein wesentlicher Katalysator für die Entwicklung unseres Geschäftes.

Sie waren einige Zeit Aufsichtsratsvorsitzender des SK Sturm Graz. Welchen Bezug haben Sie heute noch zum Grazer Bundesligaklub? Gehen Sie noch zu den Spielen? Und wären Sie selbst gerne Profi-Fußballer geworden?

Also ich war genau ein Jahr lang Aufsichtsratspräsident - ich glaube sogar der erste in dieser Funktion. Ich ging vorher gern ins Stadion, ich sehe mir auch heute gerne gute Fußballspiele an. Als Jugendlicher habe ich auf niedrigem Niveau Fußball gespielt. Ich habe das immer gerne gemacht, Profi-Fußballer wollte ich aber nie werden.

Ihre Verbundenheit und Begeisterung für den Fußball haben Sie mit der Entwicklung der Marke ,,skills.lab“ in Wundschuh manifestiert. Die Anton Paar SportsTec GmbH vertreibt die modernsten Hightech-Trainingssysteme im Weltfußball. Bleiben Sie da weiter am Ball?

Wir bleiben da auf alle Fälle am Ball. Ich war beim FC Bayern München, unserem renommiertesten Kunden für dieses System. Die haben eine gesamte Akademie rund um dieses „skills.lab“-Fußballtrainingssystem aufgebaut. Und es war interessant zu sehen, wie die Technologie, die Vermessung der fußballerischen Fähigkeiten bei einem Klub wie dem FC Bayern eingesetzt wird. Und die Rückmeldung zu bekommen, dass das System die Trainingsleistung tatsächlich verbessert und das Scouting wesentlich erleichtert, freut einen schon. 

Sie sind ein Visionär, wohin soll oder sagen wir sogar „muss“ sich das Land entwickeln?

Das Land Steiermark hat, meiner Meinung nach, eine gute Entwicklung genommen. Und viel davon ist den guten Bildungseinrichtungen in diesem Land zu verdanken, den Schulen, den Fachhochschulen, den Universitäten. Und hier ist es das Wichtigste, nicht nachzulassen und weiter auszubauen. Bildung ist der Multiplikator für fast alles in unserem Leben. Und wenn wir diesen Bereich gut gestalten, visionär weiterentwickeln, dann wird sich auch das Land gut weiterentwickeln.

Was mögen und schätzen Sie persönlich in und an der Steiermark? Gibt es einen Lieblingsplatz?

Es gibt einige Lieblingsplätze. Wenn ich die Steiermark beschreiben müsste, dann erinnere ich mich an einen Herbstnachmittag im Gastgarten von Pichler-Schober, mit jungem Wein und Kastanien, mit steirischer Musik. Das ist unschlagbar.

Steirische Menschen essen und trinken gern, wir sind der Feinkostladen Österreichs. Wie halten Sie es damit, was schmeckt besonders?

Ich war acht Jahre lang in einem katholischen Internat, ich bin kulinarisch gesehen relativ belastbar. (lacht) Ich liebe an der Steiermark natürlich auch das gute Essen, den guten Wein. Es ist das Wesentlichste, dass Knödel dabei sind. Wenn Knödel dabei sind, ist es relativ egal, was es sonst noch dazu gibt.

Als weitgereister Mensch sind Sie viel auf der ganzen Welt unterwegs. Was vermissen Sie am meisten aus der Heimat, wenn Sie im Ausland sind?

Ich bin viel unterwegs und freue mich eigentlich immer sehr, wenn ich wieder zurückkomme.

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Nicht zu wissen, was ich alles noch lernen muss.

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