Wie würden Sie Ihre kulinarische Philosophie kurz umreißen?
Wenn man 46 Jahre in diesem Beruf ist, dann vollzieht man einen Wandel, der nicht immer ganz reell ist. Warum? Weil es sehr viele Trends gibt. Man weiß, wo man herkommt, aber plötzlich weiß man auch, dass das, wo man herkommt, aktuell nicht das ist, was die Leute besonders schätzen. Da kommt plötzlich die „east-asiatische“, die „mediterrane“, die „new california“ oder die „japanische“ Cuisine. Man möchte dann ja auch nicht ganz so sein, dass man sagt, ich bin ja schon tot, es gibt immer das Schnitzel oder die Kartoffel. Man muss seinen Gästen auch was Neues bieten. Diesbezüglich habe ich schon einige Perioden durchgemacht. Aber alles in allem muss ich sagen, am Ende ist es immer das Gleiche: Es muss schmecken, es muss gut aussehen und das Essen sollte – und das ist mein neues Thema auch für mich selber - Inhaltsstoffe haben, die meinem Körper guttun. Nahezu 70 % der Krankheiten sind ernährungsbedingt.
Wie stark spürt man Verantwortung, wenn man für ein Millionen-Fernsehpublikum kocht in Sachen gesunde Ernährung. Wir wissen ja, dass unsere Gesellschaft sich adipös entwickelt. Auf gut Steirisch: Zu dick wird.
Ich habe das früher auch nicht so gesehen, ich hatte keinerlei Beschwerden und es hat mich daher nur am Rande interessiert. Der Leistungsdruck, das „Funktionieren müssen“, das alles hat mich natürlich sehr stark gefordert. Beispiel: Fuß tut weh, wo ist die nächste Schmerztablette? Aber das ist bei mir vorbei. Ich bin jetzt bald 66 Jahre alt und habe für mich einfach die Entscheidung getroffen, etwas zu ändern. Das fängt an beim Konsum von bestimmten Getränken, die manchmal zu viel waren. Das fängt an beim guten Essen, beim Frühstück, auf das man früher aus Zeitgründen verzichtet hat. Es geht dabei um regelmäßiges richtiges Essen mit den richtigen Lebensmitteln und vieles mehr. Das tut mir gut und das möchte ich auch meinen Mitmenschen weitergeben.
Der Trend geht zum veganen Essen – ist für Sie der Verzicht auf Fleisch denkbar?
Ja. Also ich habe aufgrund einer starken Arthrose im linken Knie samt Operation meine Ernährung umgestellt. Ich lebe heute zu 90 % pflanzlich und nur in Ausnahmefällen esse ich etwas, was mit Fleisch, Fisch, tierischem Eiweiß zu tun hat. Meine Ernährung ist heute etwas anders als ich noch Hansi aus der Steiermark war.
Wir zitieren Udo Jürgens - mit 66 Jahren, da fängt das Leben an, das sind Sie gerade - sehen Sie das auch so? Was haben Sie noch vor?
Was fängt mit 66 an? Man muss ja auch fairerweise seine Leistungsfähigkeit einschätzen können. Also wenn mir heute eine sagen würde, ich soll jetzt anfangen, Marathon zu trainieren, dann würde ich sagen – entschuldige, was soll der Schwachsinn? Aber ich würde z. B. gerne einmal zum Basislager vom Mount Everest gehen. Normal gehen, nicht bergsteigen, da habe ich keinerlei Erfahrung. Oder ich würde auch gerne einmal einen Teil vom Jakobsweg gehen. Das würde mir sehr gut gefallen, weil ich manchmal das Gefühl habe, man muss auch einmal weg von diesem ganzen Zirkus. Man braucht es manchmal, dass man wieder zu sich kommt und so normal bleibt wie damals als Kind in der Steiermark.
Es verschlägt Sie auf die berühmte einsame Insel. Welche drei Lebensmittel würden Sie mitnehmen?
Das ist ganz einfach. Ein geiles Bauernbrot, schön hart und gut, am besten aus Vollkorngetreide gebacken, Butter und Salz. Mehr brauche ich nicht. Ich liebe Butterbrot, damit kann man mir die größte Freude machen, wenn die Zutaten und die Qualität stimmt.
Kommen wir in die Steiermark: Wir firmieren ja unter „Feinkostladen Österreichs“. Unterschreiben Sie das?
Ja, das unterschreibe ich zu 100 %. Die Steiermark hat die Zeit genutzt, um die Dinge, die man kann und hat, weiterzuentwickeln. Das Kleinbauerntum spielt hier eine große Rolle. Mit dem Bewusstsein – Natur, Natur, Naturnähe. Das ist es heute, was die Steiermark auszeichnet. Wenn ich hierherkomme, dann bin ich in einem Land, wo es das gibt, was der Mensch braucht: Nämlich Luft zum Atmen, Ehrlichkeit, Herzlichkeit, gute Produkte – da bin ich dann da, wo ich hinwill. Wenn ich jemand bin, der jeden Tag an der Cote d‘Azur in die Disco will, dann bin ich in der Steiermark falsch. Aber wenn ich die wahren Werte eines Menschen zugrunde lege, nämlich Erholung und alles, was dazugehört - Genuss. Dann ist es das, was die Steiermark zu bieten hat.
Freunde, die in die Steiermark kommen, bitten Sie um fünf Tipps, was Sie hier gesehen haben müssen.
Da tue ich mir sehr schwer, nur fünf Tipps zu geben. Die Steiermark ist ein Bundesland, wo man vom Dachstein-Gletscher bis zur Weinstraße an der slowenischen Grenze eine Bandbreite vorfindet, die es so kaum irgendwo gibt. Ich kann am Dachstein im Sommer in die Eishöhle gehen, in kann in Murau in den Wäldern Pilze suchen. Dann komme ich weiter runter und muss natürlich die Hauptstadt Graz besuchen. Dann gehe ich Wein probieren und ich kann in die ganzen oststeirischen Thermalbäder. Es gibt so viele Dinge, die sich entwickelt haben, die haben alle einen Fokus verdient.
Wie nehmen die Leute in Ihrem Umfeld in Deutschland die Steiermark wahr?
Sehr viele Menschen haben sich dazu entschieden, nicht mehr so große Fernreisen zu machen. Das hat etwas mit Geld zu tun aber auch mit der Ökologie, dem CO2-Ausstoß und vielem mehr. Sehr viele Leute lieben wieder dieses Ehrliche, Handfeste. Österreich ist in Deutschland ja Reiseland Nummer 1. Wichtig ist, dass man seine Eigenheit behält. Und die Steiermark hat eines immer gut verstanden: Ich höre von allen, die da waren – Mensch, die waren so nett, so freundlich zu mir. Das war zu unkompliziert. Das „Grüß Gott“ hat mich berührt. Das war keine Floskel. Die Leute wollen das Überzüchtete nicht mehr, die wollen wieder etwas Bodenständigkeit.
Wie würden Sie einem Blinden die Steiermark beschreiben?
Ich würde die Steiermark-Karte nehmen und sie mit Bergen und verschiedenen Charakteren modellieren. Etwas, das man fühlen kann, wie z. B. Wasser oder Weinberge. Der Mensch soll so diese Vielfältigkeit spüren.
Stimmt das Gerücht, dass Sie sich in die Steiermark zurückziehen werden?
Ich werde einen Teil meiner Zeit in der Steiermark verbringen. Aber nur für meine persönliche Lebensfreude. Ich möchte dorthin, wo ich hergekommen bin. Ich möchte viele Momente, die mein Leben ausmachen, hier genießen. Heimat kann man nicht wegleugnen, Heimat ist so prägend. So emotional, so bedeutend. Meine Eltern und meine Schwester sind hier beerdigt, ich habe noch eine Schwester, die hier lebt. Das sind ja auch Ankerpunkte, die ich in meinem Leben niemals missen möchte. Ganz im Gegenteil: Das ist für mich das wahre Leben. Wenn ich immer wieder meine Heimatluft schnuppern darf und dabei den Genuss verspüren darf und die Weiterentwicklung der Steiermark mitbekommen kann, dann bin ich der glücklichste Mensch der Welt.