Michael Ostrowski | © STG | Jorj Konstantinov Michael Ostrowski | © STG | Jorj Konstantinov
💚-Botschafter

Michael Ostrowski

Ob im ORF, ZDF, ARD oder Servus TV: Aktuell gibt es keinen Sender im deutschsprachigen Raum, bei dem nicht gerade ein Film oder eine Serie mit Michael Ostrowski läuft. Dazu kommen Theater, Moderation und Bücher. Der gebürtige Leobener ist ein viel beschäftigtes „Arbeitsviech“. Ein sehr sensibles, wie sich beim Gespräch herausgestellt hat. Der Herzbotschafter über sein Land, die Steiermark, die Freude über das blühende Grazer Lendviertel und die Politik.

Der Google-Test ist überzeugend: 13 Millionen 600 Tausend Ergebnisse in 0,46 Sekunden. Sind Sie selbst auch beeindruckt?

Ich habe keine Ahnung, was es bedeutet. Ich bin ja selber eigentlich nicht auf den sozialen Medien. Oder erst sehr spät eingestiegen. Eigentlich erst, seitdem ich einen Film und ein Buch geschrieben habe. „Der Onkel“, da habe ich mir gedacht, ich muss das jetzt irgendwie promoten, wenn Lesetermine sind. Aber davor… Ich bin überhaupt nicht aktiv. Insofern, wahrscheinlich ist es beeindruckend, ja.

Sie sind Schauspieler, Regisseur, Moderator, Autor. Und Sie gelten als einer, der sich in keine Schublade stecken lässt. Wie sehen Sie sich selbst, was treibt Sie an?

Es gibt ein Zitat von Oscar Wilde, das sagt: „Es gibt Leute, die wollen Anwälte werden oder Juristen oder Ärzte, und die werden das dann. Aber wenn du selbst nichts werden willst und schaust, was mit dir passiert, dann ist es eigentlich der schönste Zustand.“ Und ich finde, das ist mein Zustand. Ich habe nie irgendetwas werden wollen, sondern ich habe geschaut, was passiert. Und deshalb bin ich alles geworden und vielleicht auch nichts. Aber das macht nix. Das gibt mir Freiheit, mich selbst zu verändern und nicht sozusagen Erwartungen entsprechen zu müssen. Es gibt ja nicht etwas, was ich unbedingt machen will, das hat sich alles immer entwickelt. Aber das heißt nicht, dass ich nichts tue dafür. Also ich arbeite schon konzentriert und ich habe schon meine Projekte, die versuche ich mit aller Kraft zu machen. Aber die Schönheit des Daseins liegt darin, zu sagen, ich weiß nicht, was ich bin, und ich weiß nicht, was ich sein werde.

Sie wollten ursprünglich Mediziner werden und haben dann in Oxford und New York Sprachen studiert. Wie hat es Sie zur Schauspielerei verschlagen?

Wie es mich dazu verschlagen hat, war ganz einfach. Beim Englisch-Studium hat jemand gesagt, es gibt ein englisches Theaterstück – hast Lust mitzumachen? Habe ich mir gedacht, ja. Also es dürfte mich schon irgendwas daran interessiert haben. Und es war ein Studententheater und über das bin ich dann zum „Theater im Bahnhof“ in Graz gekommen. Aber das war nie ein Berufswunsch. Der Johannes Zeiler, der mit mir damals gespielt hat, ist aufs „Reinhardt-Seminar“ gegangen. Und ich habe gefragt „Was ist das Reinhardt-Seminar?“. Das war jetzt keine lustige, ironische Frage, sondern ich habe es nicht gewusst. Es war nicht einmal in meinem Horizont, dass ich da jetzt eine Schauspielausbildung machen könnte. Und deswegen bin ich hineingerutscht und habe über das „Theater im Bahnhof“ eigentlich die Liebe am Spielen entdeckt und auch Professionalisierung mitgemacht. Die wollten alle wirklich davon leben. Das wollte ich eigentlich lange nicht. Und bin daher studieren gegangen nach England und Amerika, habe eine Doktorarbeit angefangen. Dann habe ich, während ich meine Doktorarbeit schreiben sollte, mein erstes Drehbuch geschrieben. Und dann war ich irgendwann ehrlich zu mir und habe mich quasi mehr auf das Künstlerische besonnen.

Sie haben Ihren bodenständigen Familiennamen Stockinger gegen den doch komplizierten Namen Ostrowski getauscht. Auf die Frage weshalb geben Sie nicht rasend gerne Antwort. Gibts dazu keine gute Geschichte zu erzählen?

Es gibt sehr viele klasse Geschichten, die habe ich alle schon erfunden. Die Kurzfassung ist: Ein Name muss mit der Tätigkeit irgendwie gut zu verbinden sein. Und ich habe immer gefunden „Stockinger“ ist ein schöner Name, aber er hat nichts mit dem zu tun, was ich mache. Und ein anderer Name gibt dir auch eine gewisse Distanz zu dir selber. Und deswegen habe ich mir einen anderen Namen ausgesucht. „Ostrov“ - die Insel - oder wie ich auch gelernt habe, die Schärfe. Und dann habe ich mir gedacht, scharf ist jeder gerne. Also bin ich ein Inselchen, ein scharfes. Also bin ich das geworden.

Michael Ostrowski | © STG | Jorj Konstantinov
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„Wiener Freunden sind in Graz die ‚Gucker‘ rausgeflogen“

Es gab ja einmal eine Krimiserie mit dem Titel „Stockinger“.

Tatsächlich hat es eine Krimiserie mit dem Namen „Stockinger“ gegeben mit Karl Markovics. Und ich habe keine Lust gehabt, dauernd darauf angesprochen zu werden. Ja, ganz einfach.

Ihre Filmografie ist ziemlich beeindruckend. Kein Jahr ohne drei, vier Filme. Als Multitalent sind Sie gefragt und gebucht wie kaum ein anderer Künstler. Sind Sie ein Arbeitsviech?

Das ist eine interessante Frage. Ich glaube, ich arbeite gerne, weil ich die Sachen, die ich mache, tatsächlich gerne mache. Also ich mache nichts, was ich nicht will. Weil ich Gott sei Dank das Privileg habe, eben verschiedene Berufe zu haben. Und wenn ich jetzt etwas nicht drehen will, weil es mir nicht taugt, dann mache ich etwas anderes. Aber das hat den Nachteil, dass man sehr eingeteilt ist. Weil wenn ich eine Moderation habe, dann muss ich das machen. Ich kann nicht einfach einmal sagen, so, das war es jetzt, sondern ich arbeite eigentlich konstant. Weil wenn man schreibt, dann hört man nicht auf zu denken plötzlich. Aber der riesige Vorteil ist, ich mache deshalb so viel, weil ich es gerne mache.

Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, die ja sehr zurückgezogen lebt, gibt zu Ihrem Buch ,,Der Onkel“ eine Leseempfehlung ab. Wie ist denn das gelungen?

Der Rowohlt-Verlag, bei dem sie auch publiziert, hat mich gefragt, wer mein Buch lesen und rezensieren soll. Und ich habe natürlich – bescheiden wie ich bin – gesagt Elfriede Jelinek. Und sie haben gesagt: „Naja - alles klar, wir probieren es. Normalerweise liest sie nur Krimis.“ Und dann habe ich gesagt, es ist eine Krimi-Handlung in dem „Onkel“. Und dann hat sie das innerhalb kürzester Zeit gelesen und einen wirklich schönen Text geschrieben. Und ich war einfach geplättet. Ich glaube, ich bin einen Meter hoch gesprungen vor lauter Freude, weil sie das gemacht hat.

Sie sind auch als Regisseur gut unterwegs – von „Hotel Rock'n'Roll“ bis zum Hofer-Preis-Werbespot. Weitere Pläne in diese Richtung?

Ich habe das Regieführen immer als das, was kommt genommen. Und wenn es kommt, dann nehme ich es. Also was Werbung angeht, hat man mich einmal gefragt, ob ich das machen will. Und dann habe ich mir gedacht: Entweder ich sage ja oder nein. Ich habe mich für ja entschieden und tatsächlich viele Jahre Werbungen gedreht und habe das Handwerk dabei gelernt. Ich sage immer, ich war der bestbezahlte Lehrling im Regiefach. Und habe aber wirklich gelernt, Verantwortung zu übernehmen, also Szenen zu inszenieren und ein Riesen-Set zu dirigieren – das muss man ja alles üben. Und als der Michael Glawogger, ein sehr enger Freund und Drehbuchautor aus Graz, gestorben ist, war ich auf einmal vor der Situation, bei „Hotel Rock'n'Roll“ Regie führen zu müssen. Und da hat mir das alles irrsinnig geholfen und so bin ich plötzlich Spielfilm-Regisseur geworden.

 

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Sie sind in Leoben geboren und leben seit vielen Jahren nahe Graz und auch in Wien und sind ständig auf Achse. Ist und bleibt die Steiermark Ihr Lebensmittelpunkt?

Ja, ganz bewusst, weil ich das Lebensgefühl hier sehr schätze. Und es hat etwas damit zu tun, dass ich das gerne habe, wie die Leute auch denken in Graz. Vielleicht jetzt nicht alle, aber viele meiner Freunde. Und wie man Kunst sieht und das Lebensgefühl und auch die Natur. Es klingt blöd, aber ich werde das nicht ändern. Ich bin aber auch gerne in Wien, ich arbeite dort sehr viel. Die Mischung ist einfach die richtige für mich.

Fühlen Sie sich als Künstler im Land gut aufgehoben?

Ich fühle mich als Künstler in der Steiermark gut aufgehoben, ich werde wertgeschätzt. Aber in meinem Beruf streckt halt fast alles die Fühler nach woandershin aus. Also ich drehe fast nur in Deutschland, ich bin sehr viel in Wien, ich mache alle möglichen Co-Produktionen. Aber jetzt drehe ich seit langer Zeit wieder einmal in Graz.

Was steht an?

Es gibt Verfilmungen der Graz-Krimis von Robert Preis.

Wenn Sie in Graz sind und es die Zeit zulässt, was ist ein Fixpunkt, wo müssen Sie hin?

Ich finde ehrlich gesagt das „Parkhouse“, das „Forum Stadtpark“, die „Kombüse“ extrem wichtig für Graz. Ich bin gerne im Stadtpark und in der Gegend. Ich empfinde die Achse „Stadtpark – Parkhouse – Lendplatz - Griesplatz“ als eine ganz wichtige, weil ich immer noch merke, dass da viele gute Leute unterwegs sind. Es passiert viel, gerade bei Festivals wie dem „Lendwirbel“ oder beim „Schlagergarten Gloria“, wo ja wirklich jeden Tag Tausende Leute kommen. Dort feiern, auf der Straße sind, wo ein Austausch passiert, den es in anderen Städten nicht gibt. Und ich hatte jetzt beim „Schlagergarten“ Wiener Freunde da, denen sind die „Gucker“ rausgeflogen. Wo gibt es so etwas überhaupt in Österreich? Ich glaube, das war jahrelange Aufbauarbeit von vielen Leuten, dass so ein Lebensgefühl entstehen hat können in Graz. Ich habe immer schon eine Verbindung zu diesen Leuten gehabt. Ich versuche, diesen Spirit - so blöd das klingt - noch weiter leben zu lassen.  

Sie waren nie ein großer Weinkenner, sagten Sie in einem Gespräch, wurden aber kürzlich in der Südsteiermark verführt und verdorben und sind jetzt ein Steirerwein-Zombie. Was ist passiert?

„Weinkenner sein“ – das war für mich immer so etwas, was ich wirklich nicht brauche. Es ist total ok, wenn man sich auskennt, aber als der möchte ich nicht eingehen in die Geschichte. Eigentlich über den Pogusch habe ich dann so freundschaftlichen Kontakt gehabt mit den Tements und auch anderen Weinbauern. Und durch Monika und Armin Tement wurde ich total verzogen, was den Wein angeht. Weil die mir halt einfach gezeigt haben, was ein guter Wein ist. Und deshalb schätze ich das sehr und bin auch sehr gerne bei ihnen, weil ich merke, wie viel Liebe und Leidenschaft da im Handwerk steckt. Und was es bedeutet, mit Hirnschmalz und Händen zu arbeiten an einem Wein – das ist super. 

Ziemlich beste Freunde bitten Sie, sie zu Plätzen zu führen, die man in der Steiermark gesehen haben sollte. Wohin gehts?

Ich bin geografisch irrsinnig schlecht. Ich kenne mich nie aus. Mich so etwas zu fragen ist ganz furchtbar. Ich lasse mich treiben, deshalb auch „Ostrowski macht Urlaub“. Ich gehe wohin und schaue, was passiert. Das würde ich meinen Freunden empfehlen. Komm in eine Stadt und fangen wir irgendwo an. Fangen wir von mir aus am Grazer Lendplatz an und schauen wir, wo es uns hintreibt. Das ist tatsächlich der Tipp, den ich jedem geben kann beim Reisen. Ansonsten würde ich sagen, die Burg „Strechau“ in der Obersteiermark sollte man gesehen haben, das ist eine coole Burg und ich komme aus der Gegend. Das finde ich schön. Ich finde natürlich auch das Salzkammergut lässig, ich mag die Südsteiermark irrsinnig gern. Gamlitz und Deutschlandsberg sind super. Ich finde das alles schön. Der „Grüne See“ ist total gut, ich fahre auch gerne nach Eisenerz.

Unsere Standardfrage an Kreative: Wie würden Sie einem Blinden die Steiermark beschreiben?

Standardfrage ist gut gesagt, Standardfrage an kreative Gehörlose. Naja, die Obersteiermark hat sehr viel Nadelwald und da riecht man halt die Zapfen. Das ist so ein bissl die härtere Abteilung. Wenn man weiter in den Süden geht, dann riecht man schon ein bisschen das Meer – würde ich sagen. Wald und Wiesen sind schon das Typische.

Wie sehen Sie generell die Entwicklung der Steiermark?

Das ist eine wahnsinnig schwierige Frage. Wie sehe ich generell die Entwicklung überhaupt von irgendwas? Es ist sehr schwer, das nicht global zu sehen, weil auch die Steiermark Teil einer Welt ist, die sich verändert. Ich finde generell, dass ein solidarisches Miteinander hergehört und nicht ein gegeneinander ausspielen. Das sieht man leider überall momentan.

Worauf kommt es im Leben an?

Dass man möglichst ehrlich mit sich selber ist. Dann kann man auch möglichst ehrlich mit anderen sein. Und dass man offen ist.

Michael Ostrowski | © STG | Jorj Konstantinov
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Wordrap

Frei bleiben.

Ein gutes Schnitzel mit Erdäpfelsalat

Ja, ganz gut unterwegs.

Zuviel gleichzeitig.

Eigentlich nicht, aber ich sage John Lennon.

Also fliegen, klar.

Arnulf Rainer und Gottfried Helnwein.

Die Beatles und Bilderbuch.

„Die Klavierspielerin“ von Elfriede Jelinek.

Sauvignon Blanc.

Der Wald.

Dass man ganz gut im Einklang lebt mit Mensch und Natur. Das Grüne Herz am rechten Fleck sagt man auch.

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