Gerhard Felbinger hat einmal in seinem Buch euphorisch geschrieben, „Graz ist die beste Stadt der Welt“ - ist sie es? Und wenn ja warum, und wenn nein, warum nicht?
Das ist etwas verwegen. Graz hat seine Vorteile, ganz klar. Es hat die Anonymität einer Großstadt, andererseits die Individualität. Es gibt sehr viele, sehr gute kleinere und mittlere Restaurants. Es gibt ein kulturelles Leben, das glaub ich auch für alle etwas bietet. Oper und Schauspielhaus haben immer wieder sehr gute internationale Intendanten. Das sieht man ja an den Berufungen, wo sie dann hingehen, wenn sie weggehen. Was vielleicht fehlt ist ein Mehr an Weltoffenheit, dass man hier großzügiger ist. Dass nicht das Kleinkarierte immer wieder durchkommt.
Wie würden Sie jemandem die Steiermark erklären, der noch nie dort war?
Dass hier ein Stück Natur mit größtenteils fröhlichen Menschen bevölkert ist. Mit einer großen Vielfalt, sehr modern, in vielen Bereichen aufgeschlossen. In unserer Grazer Altstadt aber auch in unseren Bezirkshauptstädten gibt es andererseits sehr schön restaurierte alte Gebäude. Das Alte wird geschätzt und auch genutzt. Eine unglaubliche Landschaftsvielfalt, zahlreiche Schlösser, etwa Trautenfels bei Irdning oder auch viele andere, die vom Land auch teilweise als Museen genutzt sind. Vom südlichen Flair in der Weingegend bis zum schon fast alpinen Charakter rund um Schladming oder im Toten Gebirge. Eine unglaubliche Vielfalt, mit dem größten Waldreichtum in Österreich. Das ist auch etwas, was du nicht so schnell in einem anderen Land findest.
Wenn Sie ein Hotelgast ersucht, ihm fünf ,,must sees“ der Steiermark zu nennen, was antworten Sie ihm?
Als erstes ganz klar die Grazer Altstadt, die glaube ich von der Größe her und auch vom Standard der Restaurierung keinen Vergleich scheuen braucht. Wir haben mit dem Kastner & Öhler ein ganz tolles Kaufhaus sowohl vom Gebäude her als auch vom Angebot. Wenn man von Graz rausgeht, dann sind das das Weinland und der „Grüne See“, der für mich eine unglaubliche Faszination hat. Dann hat man gleich den Erzberg in der Nähe, das ist ja archaisch-wild, diese Abbaumethode dort. Dann die liebliche Oststeiermark, das Almenland, wir gehen weiter in die Weststeiermark mit der Weinstraße bis zum Gaberl. Und natürlich der Red Bull Ring als ein internationales Veranstaltungszentrum, das fast zu 100 % über die möglichen Monate ausgelastet sind.
Internationale Gäste geben sich bei Ihnen die Klinke in die Hand. Wie nehmen die Leute die Steiermark wahr, wie ist deren Sicht auf unser Land?
Also die meisten unserer Gäste – vor Corona waren es in erster Linie Business-Gäste – kommen und bleiben in Graz. Das hat sich geändert, seit Corona kommen die Leute wieder mehr mit dem Auto und die nehmen neben der Landeshauptstadt auch noch andere Stationen wahr. Die sind von der Ursprünglichkeit, von einer intakten Natur – auch wenn das viele anders sehen, aber international gesehen haben wir eine intakte Natur – begeistert. Sie schätzen diesen Kontrast zwischen Waldreichtum und dann doch wieder einem hervorragenden Angebot in den Thermen und was wir sonst noch alles zu bieten haben.
In welchen Regionen und touristischen Geschäftsfeldern der Steiermark sehen Sie noch Luft nach oben?
In Graz glaube ich muss man schauen, dass der Event-Tourismus nicht reduziert wird und dass die Qualität angehoben wird. Das ist ganz etwas Wichtiges. Was vielleicht noch besser werden kann sind diverse ländliche Gegenden, wenn man da hinunterschaut in die Südsteiermark abgesehen vom Weinland. Aber da laufen Bestrebungen, da gibt es Leute, die investieren und adaptieren bestehende historische Bauten. Der Trend ist richtig, aber er gehört noch verstärkt. Aber man darf dabei nicht nur auf diese Lederhose-Euphorie setzen.