Fromagerie zu Riegersburg: Hier dreht sich alles um ihn - den Käse. | © Peter M. Mayr | Peter M. Mayr | © Peter M. Mayr Fromagerie zu Riegersburg: Hier dreht sich alles um ihn - den Käse. | © Peter M. Mayr | Peter M. Mayr | © Peter M. Mayr

The Cheeseartist: Ein Spiel aus Heu und Stroh

  • Kulinarische Schätze
In der Fromagerie zu Riegersburg wird heimischer Spitzenkäse auf besondere Art veredelt. Zu Besuch bei Vulkanland-Cheddar, Zotter(sc)himmel und Camembert in Busenform.

Der Riegersburger Käse-Affineur

Das kulinarische Feinkosteck rund um die Riegersburg hätte es sich besser nicht wünschen können: Zu Spitzenwinzer, Edelbrenner, Schokoladier und Schinkenveredelung ist vor einigen Jahren ein Affineur zugezogen - ein Spezialist für die Veredelung von Käse. Bernhard Gruber heißt er, gebürtig aus dem Lungau, knapp über 30 Jahre alt und junger Familienvater. Wer den Käseverkaufs- und Verkostungsraum (mit Blick auf die Burg) betritt, den empfangen Düfte, die so in der gesamten Steiermark nicht anzutreffen sind.

Und tatsächlich: Was da an den Toskanaurlaub erinnert, ist Parmesan - wenn auch steirischer! Es sind lauter österreichische Käse, die Gruber hier veredelt und zur Blüte reifen lässt. Vom Bergkäse aus Vorarlberger Almmilch, den er von einer Sennerei auf 1.100 Meter Seehöhe holt, bis zum Feldbacher Kuhmilchrohling von Krenn, den er zum "Vulkanland-Cheddar" veredelt: in Teesulz confiert, rotgeschmiert und mit einem "Spiel aus Heu und Stroh" verfeinert.

Den Rohkäse ordert er bei Kleinerzeugern, auf deren Qualität Verlass ist, und die seinen Sonderwünschen mit einem offenen Ohr begegnen. Denn die Leidenschaft zu seinem Handwerk macht bei Gruber an den Grenzen des Konventionellen sicher nicht Halt. Im Gegenteil. Zum einen setzt die schöpferische Lust schon beim Rohkäse an, so beispielsweise wenn er Schafmilchcamembert in Busenform bestellt. Oder es heißt: "Macht mir das ein bisserl anders, schneidet den Bruch größer, käst ein bissl wärmer, nehmt eine andere Kultur".

Besonders stark macht sich das Kreative aber bei dem bemerkbar, was er "Verkünsteln" nennt. Ein Beispiel dafür ist Rohmilchkäse aus einem "coolen" Schafziegenmilchgemisch, den er mit Buchenasche, Safran und einem "Anflug von Camembert" veredelt. Oder: Bio-Kuhrohmilchkäse (von Deutschmann), den er nach zehnwöchiger Reifung mehrmals mit Kürbiskernöl füllt und mit gerösteten Kernen veredelt.

Apropos Rohmilch: ein Terrain, das den Käsesommelier, der nach einer Kochlehre im Salzburger Sheraton in der Welt herumkam (u. a. als Koch im Königshof von Bhutan und als Senner und Käser auf einer Schweizer Alm) - besonders fasziniert. "Rohmilchkäse hat etwas Animalisches an sich", sagt er. "Diese Fülle im Geschmack, viel mehr lebende Kulturen, viel besser zum Reifen und sensibel wie ein Babypopo", zählt Gruber die Eigenschaften auf, die Rohmilchkäse in seinen Augen auszeichnen. Er schätzt an der Arbeit mit Rohmilchprodukten die Herausforderung, die Gratwanderung und das Ausloten der Möglichkeiten. "Je länger ich die Reifung hinauszögere, desto mehr schlechte Kulturen entwickeln sich, aber auch umso mehr gute. Man muss wissen, wann man ihn packt." Darin sieht er auch die Hauptaufgabe des Affineurs: dem Käse die Zeit zu geben, die er braucht, ihn zu begleiten.

"Das Facettenspiel des Käses ist unendlich", schwärmt Gruber. Beispiele für die Riegersburger Käsekunst sind der Zotter(sc)himmel, ein Blauschimmelkäse mit Schokokuvertüre und Schokolikör versetzt oder der Vulkanland-Bierkäse, ein Rotschmier-Schnittkäse, pikiert mit naturreinem Gerstenmalz und Waldhonig. Nach 2,5-monatiger Reifezeit wird er mit Malzliquid und Hopfenzapfen verfeinert. Auch interessant: der "Uhu blau", ein Bio-Blauschimmelkäse, der in Uhudler eingelegt, nach dreiwöchiger Reifung mit einer Uhudleremulsion überzogen und mit sterilisiertem Heu verfeinert wird.

Tipp: Die geführten Käseverkostungen mit passender Weinbegleitung sind hochinformativ und ein Erlebnis für die Sinne!

Und scheint dem Besucher die "Fromagerie zu Riegersburg" schon verwirklichter Traum genug, so hat Bernhard Gruber damit noch nicht ausgeträumt. "Ich möchte die Reiferäume auf die umliegenden Schlösser und Burgen verlagern, nach Kornberg und Riegersburg", erzählt er. "Oder ich baue einen Bunker mit einer Wendeltreppe, die ins Käselager hinabführt. Darin eine Rittertafel für 20 Personen. Das wäre einmalig auf der ganzen Welt!"

www.thecheeseartist.at

Schon gewusst, dass …

  • häufiger als Rohmilch thermisierte Milch zur Käseherstellung verwendet wird? Die Milch wird bei 71 Grad Celsius für 15 Minuten schockerhitzt.
  • die Hochburg der Rohmilchkäse die Normandie ist, weshalb man auch "Käse au lait cru" (französisch: aus Rohmilch) sagt?
  • durch den Verzicht aufs Abkochen die Milchsäurebakterien erhalten bleiben, die den Käse Kennern zufolge aromatischer machen?
  • die Lebensmittelaufsicht eine Mindestanzahl an lebenden Kulturen im Käse fordert? Das ist nötig um zu verhindern, dass Milch (und damit Käse) "totgekocht" wird und sowohl ihr Aroma als auch ihre wertvollen Nährstoffe verliert.