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Dr. Anita Winkler

Herzgeschichte 13: Sie bringt das Grüne Herz zum Summen

Dr. Anita Winkler kümmert sich um die kleinsten Bewohner im Grünen Herz: die steirischen Bienen. Als Bienenfachtierärztin weiß die Murauerin genau, wie es den summenden Insekten geht, warum sie für unsere Natur so wichtig sind und was wir alle tun können, um ihre Lebenswelt zu schützen. 

Steirische Pionierin 

Wie sind Sie überhaupt zu den Bienen gekommen?
Ich war viele Jahre Kleintierärztin in Wien und bin dann durch verschiedene familiäre Umstände wieder in die Steiermark zurückgekommen, auf den Hof, wo mein Mann aufgewachsen ist. Auf diesem Hof waren riesige Lavendelbüsche voller Bienen. Eines Sommers waren diese Bienen nicht mehr da und keiner wusste warum. Das war der Zeitpunkt, wo ich angefangen habe, das Ganze zu beobachten. Zufällig ist zu dieser Zeit auch die österreichweit erste Ausbildung für Fachärzte für Bienen gestartet. Die Lösung habe ich dann während meiner Ausbildung erhalten: Ein spezieller Dünger für den Lavendel hat die Bienen abgeschreckt. Nun weiß ich das und gebe eben Kompost oder andere biologische Mittel auf die Pflanzen. Seitdem sind die Bienen wieder da.

Was sind die Aufgaben einer Bienenfachtierärztin?
Die Aufgaben sind sehr vielfältig, aber in unserem Beruf geht es vor allem um Gesundheit und Vorsorge. Wir unterstützen die Imkerinnen und Imker bei der Gesunderhaltung ihrer Bienenvölker. Es geht aber auch um die Diagnose von Bienenkrankheiten und um Lebensmittelsicherheit. Denn die Bienen produzieren unter anderem Honig und Propolis und das spielt für den Verbraucherschutz eine wichtige Rolle.
Bei den Krankheiten gibt es beispielsweise den Varroamilben-Befall, der seit den 80er-Jahren in Österreich ein großes Problem ist. Hier gilt es eine Diagnose zu stellen, Behandlungsempfehlungen auszugeben und Viren zu untersuchen, die von den Milben übertragen werden. Zudem gibt es noch verschiedene bakterielle und Pilzerkrankungen, die Bienen befallen können. Daher geht es viel um Vorsorge und Beobachtung. Zudem arbeite ich viel an Forschungsprojekten und Gesetzesentwürfen über Bienenseuchen mit, bin als Sachverständige im Einsatz und gebe Vorträge über meine Arbeit. In Österreich haben wir mittlerweile 23 ausgebildete Fachtierärzte für Bienen und wir sind wirklich Pioniere, also auch in der EU. Ich war die erste geprüfte Bienenfachtierärztin in der Steiermark überhaupt.

Was ist Ihnen persönlich bei Ihrer Arbeit besonders wichtig?
Wenn man mit Bienen arbeitet, entwickelt sich ein ganz neuer Horizont, weil es richtig ins Bewusstsein geholt wird, wie wichtig Kreisläufe sind. Das fängt an bei einem gesunden Boden, denn nur aus einem gesunden Boden kommt eine gesunde Pflanze und nur eine gesunde Pflanze ist ein gesundes Nahrungsmittel. Und nur mit solchen gesunden Nahrungsmitteln von hoher Qualität bekommen wir gesunde Menschen, Tiere, Bienen und Insekten. Man weiß zwar von diesen Kreisläufen, aber durch die Arbeit mit Bienen wird einem das eben noch viel stärker bewusst. Das versuche ich auch den Menschen in der Region zu vermitteln, wie wichtig ihre gesunden Böden in der Region sind, wie wichtig die Artenvielfalt in der Pflanzenwelt ist. Dieses Bewusstmachen ist mir wichtig. Und natürlich auch die Zusammenarbeit mit den Imkern und die Unterstützung in ihrer täglichen Arbeit. Sie nehmen das auch dankend an, denn der Beruf des Bienenfachtierarztes ist noch relativ neu.

Wie geht es dem Bienenbestand in der Steiermark aktuell?
Ich persönlich sowie Imker erkennen mehrere Dinge, die die Immunität der Bienen derzeit schwächen: die Varroamilben, Klimaveränderungen, eingesetzte Pflanzenschutzmittel, Monokulturen, also die Abnahme der Pflanzenvielfalt und das Bienensterben im Winter. Das führt dazu, dass die Imker viel mehr Aufwand betreiben müssen, um die Bienen so gut zu betreuen wie früher, denn Bienenarbeit ist sehr herausfordernd und mit viel Verantwortung verbunden.

Bei der Untersuchung des Bienenvolks darf die Schutzausrüstung nicht fehlen. | © Judith Barfuss
Jede Biene übernimmt eine bestimmte Aufgabe oder Funktion. | © Judith Barfuss
Als Fachtierärztin unterstützt Anita Winkler die Imker in ihrer täglichen Arbeit. | © Judith Barfuss

Im Einklang mit der NAtur

Warum sind die Bienen so wichtig?
Bienen sind Spiegelbilder der Natur, sie merken viel früher, wenn in der Natur etwas nicht stimmt - wie zum Beispiel meine Lavendelsträucher. Bienen zeigen uns diese Veränderungen unmittelbar an. Zudem ist von ihrer Bestäubung die Entstehung von Früchten und Samen und dadurch die Qualität der Lebensmittel abhängig. Wenn aber diese Bestäuber weiter zurückgehen, dann geht natürlich auch die Bestäubung zurück. Das heißt aber, es geht die Menge und Qualität unserer Lebensmittelproduktion zurück. Daher ist das Bewusstsein über die Wichtigkeit der Bienen und Bestäuber und deren Rolle so wichtig. 

Was kann man tun, um den Bienen zu helfen?
Eine Biene ist so gut wie die Umgebung, in der sie ist. Und die Umgebung, da kann jeder Einzelne beitragen und mithelfen, um das zu verbessern. Da geht es darum, dass man eben nicht nur für die Bienen, sondern auch für andere Bestäuber wie Schmetterlinge, Hummeln, Wildbienen, Fliegen, Käfer wieder mehr Nahrungsangebot zur Verfügung stellt und man ihnen mehr Lebensraum schafft. Das sollte natürlich biologisch bewirtschaftet und gepflegt sein. Dabei ist eine Vielfalt an blühenden Pflanzen wichtig, die von Frühling bis Herbst Nahrung liefern. Leider stehen durch das vorzeitige Mähen von Wiesen weniger Blüten für Bienen zur Verfügung. Jedoch wäre all dies ohne die Bestäubung von Bienen nicht möglich, denn dadurch kommt es erst zur Ausbildung von Samen, wodurch dann wieder neue Pflanzen entstehen können.

„Jeder Einzelne kann dazu beitragen und mithelfen, das Umfeld für unsere Bienen zu verbessern.“
Dr. Anita Winkler 

Noch eine Frage, die Ihnen sicher öfter unterkommt in Ihrem Beruf: Was hilft bei einem Bienenstich wirklich?
Das ist so unterschiedlich! Bei einem Bienenstich kommt ja immer auch diese Giftblase mit raus. Normalerweise stirbt eine Biene ja nicht an einem Stich. Sie hat ja den Stachel, um sich gegen andere Bienen zu wehren. Und dieser Stachel hat Widerhaken. Sticht eine Biene eine andere, kann sie den Stachel wieder hinausziehen. Nur unsere Haut ist leider so beschaffen, dass diese Widerhaken stecken bleiben, und da reißt es der Biene dann praktisch den Stachel und auch einen Teil von ihrem Hinterleib raus. Daran hängt auch die Giftblase, wo das Bienengift drinnen ist. Wenn man also gestochen wird, sieht man den Stachel immer. Dann gilt es diesen sofort zu entfernen, damit sich die Giftblase nicht entleeren kann. Das macht jeder Imker so. Wenn man andererseits den Stachel nicht sofort entfernt, entleert sich das gesamte Gift in die Haut. Danach ist es wichtig, den Stich zu kühlen, damit es sich nicht ausbreiten kann. Jedoch muss erwähnt werden, dass es je nach Person und Stelle sehr unterschiedlich sein kann.

Was gefällt Ihnen an der Steiermark am besten?
Wir haben lange Zeit in Wien gelebt vorher. Für mich persönlich ist es mein Bezug zum Boden und zu den Tieren. Das hat man in der Stadt nicht so. Ich bin da sehr früh geprägt worden, weil ich als Bauernkind in der Steiermark aufgewachsen bin und sehr früh im Betrieb mitgearbeitet habe. Deshalb habe ich diesen Beruf ergriffen. Und ich liebe halt diese regionale Verankerung, die ich hier habe, und trotzdem kann ich auch international im Austausch bleiben. Und zusätzlich gefällt mir, dass ich eben versuche, den Menschen hier vor Ort dieses Bewusstsein zu schaffen, sich auf natürliche Ressourcen zu besinnen, weil das eben da im Bezirk Murau noch vorhanden ist, im Vergleich zur Stadt.

Und zum Abschluss würden wir noch gerne wissen: Was verbinden Sie mit dem Grünen Herz?
Das grüne Herz, das war in meiner Kindheit, ich habe einen Aufkleber bekommen, das war wirklich ein Schatz. Einer war auf meiner Schultasche und einer war auf unserem Auto. Und ich kann mich noch erinnern, wie der kaputt gegangen ist auf meiner Schultasche, das hat mich sehr traurig gemacht. Es war ein Verlust, sagen wir so für kurze Zeit.

Eine Brutwabe aus der Nähe betrachtet. | © Anita Winkler